Vorstellungstexte unserer Kirchengemeinde für die Visitation
Im vergangenen Jahr stand turnusmäßig eine "Visitation" an: Kirchengemeinden innerhalb unseres Dekanates "Odenwald" haben sich getroffen, sich miteinander ausgetauscht, Chancen und Herausforderungen des jeweils anderen analysiert und Rückmeldungen von außen gegeben. Vor dem Besuch unserer Partnergemeinde, der Kirchengemeinde in Höchst/Mümling-Grumbach, wurde von uns ein mehrseitiges Dossier verfasst, in dem wir unsere Kirchengemeinde hier vorort unserem Partner vorstellen. Und so haben viele Ehrenamtliche "ihre" Kirchengemeinde vorgestellt und sich Gedanken gemacht über die Gaben und Besonderheiten unserer Heimat-Gemeinde.
Einige dieser Vorstellungen möchten wir in den kommenden Ausgaben abdrucken. Es sind Zeugnisse der tiefen Verbundenheit der Menschen mit unserer Kirchengemeinde und Bekenntnisse zu unserer Kirche.
Den Anfang machen heute Dr. Raimund Keysser mit seinem Bericht über die Kirche in Beerfelden und Sabine Bulling für die Kirche in Schöllenbach:
Beerfelden
Die Stadt am Berge
Meine Heimat
Und über Allem, unsere Kirche
Die Martinskirche
Wie eine Mutter, die ihre Familie beschützt, steht sie über Beerfelden.
von allen Seiten ist sie präsent, sie ist das prägende Element unserer Stadt.
Von Nord-Osten, von der Heumatte aus, sieht man die ansteigenden Häuser, ganz von unten, über die Mümlingquelle bis hinauf zum Marktplatz, dominiert der ,,Dom des Odenwaldes" unser Stadtbild. Gleich, von wo aus man auf Beerfelden blickt, die Kirche oder ihr Turm ist zu sehen.
Ich sitze jetzt in meinen Gedanken in unserer Kirche. Im Mittelschiff, ganz hinten. Und vor mir und über mir diese wunderbare Klarheit ihrer Architektur, ihrer Helligkeit und alles strahlt Ruhe aus. Ruhe zur Andacht. Ganz vorne über allem auf der Empore über der Kanzel unsere Orgel. Es ist eine Orgel des berühmten Orgelbauers Dreymann, auf welcher unsere Organistin das ganze, faszinierende Klangspektrum in Verbindung mit der hervorragenden Akustik unserer Kirche zum Erlebnis werden lässt.
Jetzt stehe ich vor dem Altar, den Blick auf unser wunderbares Kirchenfenster auf der Gegenseite gerichtet mit der Kreuzigung Jesu Christi. Das frühe Morgenlicht oder das Abendlicht lassen die Farben ganz unterschiedlich wirken. Das ist ein ganz wertvoller Schatz in unserer Kirche. Nicht umsonst hat unser regelmäßig erscheinender Gemeindebrief diesen Titel: Das Kirchenfenster.
Unsere Glocken, unser Geläut, es bestimmt den Tagesablauf, den Rhythmus des Lebens in unserer Stadt. Als wegen der Renovierungsarbeiten an unserem Kirchturm über Monate hinweg alle Glocken schwiegen, wurde dies alles vermisst, auch von Menschen, welche sonst keinen Bezug zu unserer Kirche haben. Das Läuten morgens 6.00 Uhr, dann 11.00 Uhr, 12.00 Uhr zu Mittag und abends 18.00 Uhr begleitet den Tag. Samstagsabends 18.00 Uhr, Sonntags in der Früh um 6.00 Uhr und dann zum Abschluß des Sonntags wieder um 18.00 Uhr das volle Geläut. Der Beginn mit der Glocke H, dann A, Fis und dann die dunkle schwere auf D gestimmte große Glocke. Ich weiß, viele warten darauf, auch ich.
Unsere Kirche ist keine vom Volk losgelöste Institution. Das ganze Volk, die Kirchengemeinde hat die Möglichkeit, sich am Wirken der Kirche zu beteiligen, indem sie den Kirchenvorstand wählt, der über die Geschicke der Kirche mit entscheidet. Hier in Beerfelden ist die Kirche eine wahre ,, Volkskirche". Bei allen großen Volksfesten hier im Ort legen Festgemeinden, Vereine oder Märkte einen Schwerpunkt im Ablauf auf einen Gottesdienst mit unserer Pfarrerschaft, oft unterstützt durch ein Mitglied des Kirchenvorstandes. Auf dieses Eingebundensein in das öffentliche Leben in all unseren Oberzentgemeinden sind wir vom Kirchenvorstand, mit Pfarrern, sowie all denen, welche unser kirchliches Leben mitgestalten, stolz.
Dr. Raimund Keysser, 1. Vorsitzender des Kirchenvorstands
Meine Kirche: Die Quellkirche zu Schöllenbach
Die Quellkirche zu Schöllenbach wurde bereits 1465 erbaut. Im Jahr 2015 konnten wir das 550-jährige Bestehen feiern. Das Gotteshaus war ursprünglich weitaus größer als heute, aus schönem, rotem Buntsandstein der Region errichtet. Die Kirche lag und liegt an einem wichtigen Wallfahrtsweg zwischen Mainz und Walldürn. Verschiedene alte Steine mit dem Mainzer Rad und auch Bildstöcke mit dem „Heilig-Blut-Symbol“ von Walldürn erinnern heute noch daran.
Die Kirche wurde während des 30-jährigen Krieges zum Teil zerstört und 1782 wieder so hergerichtet, dass Gottesdienste gefeiert werden konnten. Der 3-flüglige Altar (ein Geschenk des Grafenhauses zu Erbach), der im 30-jährigen Krieg von Graf Georg zu Erbach wieder zurückgeholt wurde, ist heute, dank aufwändiger Restaurationen, in der Hubertuskapelle des Erbacher Schlosses zu sehen. Leider steht er dort auf viel zu engem Raum und seine ganze Ausstrahlung kommt leider nicht zur Geltung. Immerhin hat er den Namen „Schöllenbacher Altar“ noch behalten.
Heute ist unsere Kirche eigentlich schlicht. Mit ihrem Sandstein-Altar und den dunkelgrünen Bänken sticht eher das noch vorhandene Buntglasfenser mit Maria und dem Jesuskind auf dem Arm etwas heraus. Es ist noch ein stummer Zeuge aus der einst katholischen Vergangenheit der Kirche. Der Tabernakel und das Taufbecken aus kunstvoller, alter Schnitzerei faszinieren die Besucher genauso, wie das wunderschöne, große Gemälde von Jesus am Jakobsbrunnen, welches eine Gräfin der Kirche gestiftet hat.
Mein Name ist Sabine Bulling und ich wurde 1971 geboren. Zu dieser Zeit fanden gerade aufwändige Renovierungsarbeiten in der Schöllenbacher Kirche statt. Ich wurde im Wohnzimmer meiner Großeltern getauft. Seit 7 Jahren bin ich nun im Kirchenvorstand tätig. Meine Konfirmation, Trauung sowie die Taufen und Konfirmationen unserer Töchter fanden in unserer Kirche statt. Ich fühle mich dort heimisch, gut aufgehoben und geborgen.
Die Kirche wurde auf einer heidnischen Quelle errichtet. Noch heute strömt dort das Wasser hervor und mündet in die nahe gelegene Itter. Mit dem Wasser dieser Quelle werden seit alten Zeiten alle Täuflinge in Schöllenbach getauft. Das ist sicherlich eine tolle Tradition, sie gibt Wurzeln und Heimatgefühl.
Unheimlich oft, wenn wir vom Kirchenvorstand die Kirche für den Gottesdienst vorbereiten kommen Wanderer, einzeln oder in Gruppen vorbei, und freuen sich, wenn sie die Kirche besichtigen können. „Es geht eine angenehme Ruhe von diesem Gemäuer aus“ sagte einmal eine Besucherin zu mir. Dem kann ich nur voll und ganz zustimmen.
Sabine Bulling, Kirchenvorsteherin