Die Musik zum Jahreswechsel
Für viele Konzertbesucher ist diese, seit vielen Jahren stattfindende Veranstaltung am letzten Sonntag des alten Jahres, zur lieben Tradition geworden. Die sehr gut besuchte Martinskirche war auch diesmal wieder ein eindeutiger Beweis. Die Gäste kamen nicht nur aus der Oberzent, auch aus der Unterzent, dem Rhein-Main-Gebiet und dem Heidelberger Raum. Hier in dieser stimmungsvollen Atmosphäre, in der mit einer brillanten Akustik versehenen klassizistischen Hallenkirche, sind die Konzerte stets ein Genuss. Dafür sorgen auch die beiden Musiker, indem sie jedes Mal sorgfältig ein musikalisches Programm zusammenstellen, dass ihre Zuhörer anspricht, ihnen Ruhe und Freude schenkt.
Konzertmeister Müller gab einführende und erklärende Worte zu den einzelnen Musikstücken. So hörten die Konzertbesucher nicht nur die wunderbare Musik, sondern erfuhren auch etwas über das Leben und Wirken der einzelnen Komponisten.
Von dem überaus genialen, mit großer Schaffenskraft ausgestattetem, schon mit 31 Jahren verstorbenen Franz Schubert, aus dessen Feder 10 Opern stammen, die leider keine Renaissance erfuhren, war zum Auftakt des Abends die Ouvertüre zu „Rosamunde“ zu hören. So begann der wunderschöne, romantische Abend. Der nachfolgende Walzer, ebenfalls von Schubert zeigte, in welchem Einklang und Harmonie die beiden Musiker ihre Musik zu Gehör bringen.
Von einer Pragreise im Frühjahr dieses Jahres ließ sich das Künstlerpaar Thierolf und Müller auf der Suche nach neuem Material für dieses Konzert von der Musik der Komponisten Viteslav Novak und Jaroslav Koczian inspirieren und spielten ein „Scherzo“ und die „Meditation du soir“. Mit geschlossenen Augen hörte der Zuhörer auf dem Piano das Wasser der Moldau plätschern und die Violine zeigte den Verlauf.
In jedem Jahr schenkte Thierolf ihren Zuhörern eine Eigenkomposition, in diesem Jahr war es ein „Abendständchen“, ein von ihr vertontes Eichendorffgedicht. Sie sang es hinreißend zart mit heller, klarer Sopranstimme.
Zu den Romantikern in Polen zählte auch Henri Wieniawski, dessen „Ménétrier“ von den beiden Künstlern mit viel Temperament gespielt anschließend zu hören war. Ihm folgte Edvard Grieg zunächst ein sehr beschwingtes Stück „Die kleine Blockhütte“, dann „Des Dichters Herz“ nordisch, tragend und schwermütig. Und noch einmal Grieg, aus der Peer Gynt-Suite, „Solveigs Lied“. Mit Violinenbegleitung sang Thierolf glockenklar „Der Winter mag scheiden...“. Es war einfach ein Hochgenuss.
Es folgte eine Romanze von Robert Schumann, die dem Publikum ebenfalls sehr gut gefiel. Auf der Suche nach neuen, außereuropäischen Kirchenmusikstücken stießen Thierolf und Müller auf die noch nicht sehr bekannte Amerikanerin Sally De Ford, die in Anlehnung an Musical Kirchenlieder schrieb. Zwei von ihnen „Lift up your Heart“ und „A manger filled with love“ sang Thierolf hingebungsvoll mit Violinenbegleitung ihres Lebenspartners.
Bei Guiseppe Tartinis „Arioso“ zeigte Müller seine große Virtuosität, die ganze Bandbreite seines Violinenspiels. Und als zum Schluss von Vesco D´Orio ein Medley „Von Budapest nach Bukarest“ erklang, da gab es beim Publikum kein Halten mehr. Walzer, Polka, Pustaklänge, die unheimlichen Weiten, die Sehnsucht nach der Heimat, alles brachten die beiden Musiker gekonnt und mit Leidenschaft zum Ausdruck. Das Standing ovationes wollte kein Ende nehmen für diesen genussreichen Abend und so waren zwei Zugaben das erneute Geschenk an die Zuhörer: es folgte das feurige „Schwarze Augen“ und für den Heimweg „Sternennacht“ von Dubussy. Beschwingt verließen die zahlreichen Besucher die weihnachtlich geschmückte Martinskirche auf dem Weg in ein Neues Jahr.
Roger Frohmuth basierend auf einem Text von Heidemarie Canis