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Chorprojekt: „DAS SIND WIR“

Zwei Innenansichten aus dem Chorprojekt von Iris Thierolf

Verena: Im Winter 2021. Mama und ich sitzen zusammen. Wir waren in der „Musik zwischen den Jahren“. Ich weiß nicht mehr, wer damit zuerst angefangen hat. Aber beide überlegen wir, ob es nicht schön wäre, wieder in den Kirchenchor zu gehen. „Ja, lass uns das doch als guten Vorsatz für das neue Jahr in Angriff nehmen!“ „Oh fein, super Idee!“

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Das neue Jahr 2022

V.: Wir sind gestresst. Dauernd irgendwelche Termine. Und dann die Umbauarbeiten im Haus. Und immer noch Corona. Mama hat mehr zu tun als vor dem Ruhestand. Wir beide: Nee, wir können jetzt auf keinen Fall in den Chor gehen. Ok, wir gehen in den Projektchor. Das ist ein überschaubarer Zeitraum. (Und es ist noch weit hin.)

Kantorin Iris Thierolf startet das erste Mal seit zwei Jahren wieder ein Mitsing-Projekt in der Kirchengemeinde. Inhalt: Wie haben wir die Corona-Zeit erlebt. Auftrag an die Mitwirkenden: Schreibt eure Gedanken, Gefühle, Erlebnisse auf. Die einzelnen Beiträge wird Iris Thierolf zu einem Gesamtwerk zusammenfügen und vertonen.

V.: Ich komme von der Arbeit nach Hause. Müde. Mama sagt: „Ich hab uns für den Projektchor angemeldet. Iris möchte, dass die Teilnehmer ihre Gedanken zu den letzten 2 Jahren mit Blick auf Corona mitteilen. Am besten in Reim-/Versform.“ Wir sitzen zusammen, machen Brainstorming. Wir schreiben das auf, was uns so durch den Kopf geht. In einer Tabelle (!) Ich denke: Das ist sicher nicht das, was Iris sich erhofft. Wir können doch keine Tabelle vorsingen. Wie soll sie aus dieser Aufreihung von Gefühlen, Wort- und Gedankenfetzen einen singbaren Text machen?

Am 25.04.2022: Beginn des Projekts mit der ersten Chorprobe um 19:30 Uhr, ab jetzt jeden Montag. Die Swinging Ladies schon eine Stunde früher. Das Notenwerk umfasst 44 Blätter, d.h. 87 Seiten voller Noten und Texte. Teilnehmer/innen: etwa 65

V.: Ostern ist vorbei. Es ist soweit: Wir sitzen in der Kirche, alle zusammen. In den Bänken. Jetzt geht es los. Ich bin nervös. Hoffentlich kann ich den Anforderungen genügen. Iris teilt die Partituren aus. Alle blättern wir neugierig. Was wohl von uns dabei ist? Tatsächlich: Ich erkenne mich in manchen Texten wieder. Wahnsinn, was Iris daraus gemacht hat. Wir beginnen mit zwei Liedern. Ich denke: Wow, echt anspruchsvoll. Aber auch: Es macht Spaß. Und ich vergesse den Alltag, bin ganz und gar fokussiert. Allen um mich herum scheint es ebenso zu gehen….

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V.: Mama und ich sind im Urlaub. Wir haben die Noten dabei und üben. Es macht richtig Spaß. Beide freuen wir uns schon auf die nächste Probe….

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Ellen: Im Urlaub hatte ich noch meine Flöte dabei, um auch immer den richtigen Anfangston zu treffen. Zu zweit Üben macht sehr viel Freude. Oft hatten wir den gleichen Gedanken: „Wollen wir nochmal singen?“

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V.: Iris hat eine Übe-CD zusammengestellt. Im Auto höre ich die Lieder und singe mit. Wenn ich im Wald spazieren gehe, höre ich über das Handy Iris‘ Stimme und lerne ganz nebenbei die Texte auswendig. Ertappe mich beim Mitsingen und muss über mich selbst lachen, wenn ich um eine Biegung gehe und auf andere Menschen treffe. (Was die wohl von mir denken? Hoffentlich habe ich nicht zu falsch gesungen. Naja, Übung macht den Meister!) Ich wache immer häufiger morgens mit einem der Lieder im Kopf auf. Wenn im Alltag jemand einen bestimmten Satz, ein bestimmtes Wort sagt, läuft im „Kopfkonzert“ sofort das entsprechende Stück ab. Ich erzähle es Mama: Ihr geht es auch so. Verrückt, wie einen die Proben, die Musik im Alltag begleiten.

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E.: Was ziehen wir an? Das Thema wird kontrovers diskutiert und die Entscheidung zieht sich etwas. Klar, ist ein Frauenthema und extrem wichtig! Schließlich entscheiden wir uns für schwarze Hose und Oberteil in sanften Rosa- und Fliedertönen. Für unsere Männer im Tenor und Bass eine Herausforderung. Das Orchester wird in Schwarz kommen. Zu einer Samstagsprobe sollten wir die Auftrittskleidung anhaben, um einen Eindruck vom Gesamtbild zu haben. Oh, eine Jede und ein Jeder wird einer Musterung unterzogen. „Rosa steht dir gut“, oder, „Dein Oberteil sieht richtig schick aus“. Manchmal kommt auch ein fachmännischer Blick von der Seite oder eine Musterung von hinten. Wenn man das alles überstanden hat, fügen wir uns wieder zu einer Gemeinschaft zusammen.

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V.: Es geht mit großen Schritten auf das Konzert zu: Jetzt wird „wie wild“ geprobt. Das Wochenende geht ziemlich dafür drauf. Aber wir alle merken: Wir lernen sehr viel, nicht nur die Töne (hoffentlich!) zu treffen; auch Atemtechnik, Körperhaltung, Ankommen im „Hier und Jetzt“. Alle fiebern wir auf den Auftritt hin. Sind langsam nervös, ich spüre es um mich herum: Vieles läuft noch unrund. Oh je, es wird doch gutgehen?!?

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E.: In den letzten Proben kommen viele Komponenten hinzu. Die Bühne wird aufgebaut. Wo werde ich stehen? Kann ich solange stehen? Wer steht neben mir, wer hinter mir und wer vor mir? Das Notenwerk liegt schwer in der Hand. Wir stehen sehr eng, kann ich dann noch umblättern? Fragen über Fragen. Dennoch bin ich sehr zuversichtlich. Es wird schon klappen. Wir sind jetzt alle zu einer wunderbaren Gemeinschaft zusammengewachsen. Die Proben mit dem Orchester sind für mich immer wieder wunderbar. Man fühlt sich irgendwie stolz, wenn man mit einem Orchester und diesen tollen Instrumenten singen darf.

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V.: Heute Abend ist der Moment, auf den wir alle hingearbeitet haben. Gestern und vorgestern haben wir das erste Mal mit dem Orchester geprobt. Und mit den Mikrophonen. Letzteres hätte durchaus noch Optimierungspotenzial. Aber eine Mitsängerin sagte gestern zu mir: Das wichtigste ist doch, dass wir unser Bestes geben und die Freude, die wir haben, ausstrahlen. Ich denke: Sie hat Recht. Was soll in der Kirche schiefgehen? Warum bin ich trotzdem mit flauem Magen aufgewacht und fühle mich seitdem, als ob ich heute Abend eine Klausur schreiben müsste?!!

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E.: Zwei anstrenge Chorproben liegen hinter uns. Ich bin auch sehr aufgeregt und brauche noch etwas Ruhe. Aber dann hinein ins rosa Outfit, Schuhe an, nochmal tief durchatmen und auf ins Abenteuer!

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V.: Jetzt ist es soweit: Wir laufen ein. Ich schaue in viele neugierige Gesichter. Die ersten Töne erklingen. Die Angst ist weg. Jetzt zählt nur noch der Moment. Und….los geht´s!

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E.: Welch ein Erlebnis! Ich habe sogar das lange Stehen überwunden! Glücklich gehe ich von der Bühne. 5 Monate üben vorbei, aber gut geschafft. Ich habe viele liebe Menschen kennengelernt und werde sie vermissen. Musik verbindet, sie lässt uns wachsen, macht uns Mut, gibt uns Zuversicht. Iris hat mit diesem Werk Großartiges geleistet. Danke dafür!

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V.: Der Applaus versiegt langsam. Erleichterung und Freude. Dankbarkeit. Ich habe das Gefühl, dass wir so gut waren, wie wir sein konnten. Ich denke: Hoffentlich hat es den Menschen, die gekommen sind, etwas gegeben. Ich spüre: Wir alle hier in der Kirche sind verbunden. Sind gemeinsam – wie in den letzten zwei Jahren – durch Höhen und Tiefen gegangen. Wir sind eine Gemeinde. Und können gemeinsam mit Gottes Hilfe alles schaffen. Wir müssen nur wollen!

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Am 18.09.2022 um 18 Uhr fand schließlich das Konzert in der Martinskirche statt. Es beschreibt eine noch nie erlebte Zeitspanne und wie wir sie empfunden haben mit all ihren Höhen und Tiefen. Mitgewirkt haben der Kinderchor, Jugendchor, Swinging Ladies, Projektchor / Kirchenchor, etwa 65 Personen, die Kurpfalzphilharmonie mit 31 Musikern unter Leitung von Arne Müller, Gesamtleitung Iris Thierolf. Etwa 450 Besucher/innen erlebten einen hoffentlich unvergesslichen Abend.

DANKE IRIS!

 

Ellen und Verena Koch

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Dann wenden Sie sich bitte an das Gemeindebüro.


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