Angedacht - Leben in unruhigen Zeiten
Weihnachten ist meinem Empfinden nach schon weit weg, die selige Stimmung ist verflogen. Auch Silvester und die vielen bunten Lichter der Raketen, die Gemeinschaft und der gemeinsame Start in dieses Jahr ist in meinem Empfinden schon lange her. Stattdessen sind da die normalen, anstrengenden Aufgaben und Termine des Alltags.
Das Leben ist mühselig und auch verschiedene Personen in der Bibel können etwas davon erzählen. Auch ihr Leben war mühselig und anstrengend. Selbst über die Zeit von Adam und Eva im Garten Eden wird nicht berichtet, dass sie dort ein ruhiges Leben hatten. Auch sie mussten dort arbeiten. Nach dem sie aus dem Garten geworfen wurden, hat Gott Adam im ersten Buch Mose bestraft, dass er „im Schweiße seines Angesichts (…)“ (vgl. V.19a) sein Brot essen muss. So erklärt die Bibel den Ursprung der Anstrengung menschlicher Arbeit. Das Leben der Menschen war durch harte Arbeit gekennzeichnet, in der sie unter erschwerten Bedingungen um das Überleben kämpfen mussten.
Das müssen wir heute nicht mehr und doch ist auch unsere Zeit von Anstrengungen und harter Arbeit gekennzeichnet. Da sind die kleinen und großen Aufgaben des Alltags sei es im Beruf, in der Familie oder im Freundeskreis. Da sind persönliche Krisen und Ängste, Fragen, was die Zukunft bringen und wie es weitergehen wird.
Das Leben wird zusätzlich erschwert durch Nachrichten über terroristische Anschläge und Hiobsbotschaften. Solche Ereignisse erschüttern, sie ziehen einem den Boden unter den Füßen weg und lassen einen hilflos zurück.
Auch im Alltag sind viele Menschen unruhig, die Stimmung ist angespannt und auch das Wetter ist häufig schlecht. Es ist kalt, windig, manchmal regnerisch und ungemütlich. Wenn man die Zeitungen und die Nachrichten im Fernsehen durchschaut, scheint es vor allem schlechte Nachrichten zu geben.
In solchen Momenten, in denen ich nicht weiter weiß und unsicher bin, geben mir Stellen aus der Bibel Halt. In letzter Zeit ist das vor allem die Frage eines Psalmbeters: „Woher kommt mir Hilfe?“ In den nachfolgenden Versen steht die Antwort dazu: „Meine Hilfe kommt vom Herrn der Himmel und Erde gemacht hat und der dich behütet, schläft nicht.“
Diese Verse stehen in Psalm 121 und sie begleiten mich auch speziell seit Beginn meines Vikariats. Denn mein Leben hat sich verändert. Das Vikariat ist eine Ausbildung, es ist Zeit des Lernens voller neuer Erfahrungen. In solchen Momenten kommt bei mir häufiger die Frage auf: Wo finde ich Hilfe, von wo kriege ich halt? Vielleicht kennen Sie solche Momente auch, wenn Sie Hilfe von anderen brauchen, weil sie nicht weiterwissen oder sich kraftlos fühlen.
Dann helfen mir die Worte des Psalms, um zur Ruhe zu kommen und zu wissen, dass ich nicht alleine durchs Leben gehe, sondern von Gott begleitet werde. Es wird sogar betont, dass Gott nicht schläft, dass er sich also nicht von einem abwendet. Für manch einen klingt der Vers vielleicht zu unglaublich, um wahr zu sein, denn warum sollte Gott einen begleiten wollen? Ich weiß es ehrlich gesagt nicht, aber ich kann viele Beschreibungen Gottes in der Bibel mit meinem Verstand nicht greifen und doch versuche ich, darauf zu vertrauen, dass es auch für mich gilt, weil das für mich Glauben ausmacht.
Ein anderer Vers, der mir in solchen Kontexten immer wieder in den Sinn kommt, steht am Ende des Matthäusevangeliums: „Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken.“
Jesus spricht diese Worte aus, um Menschen zu ermutigen. Er will den Menschen etwas geben, dass ihnen die schwere Last wegnimmt und Menschen erquickt/stärkt. Diese Zusage erinnert mich an diesen Vers. In den folgenden Versen wird dies genauer erklärt, dort heißt es, dass Jesus den Menschen sein Joch geben will.
Ein Joch, das ist für uns heute etwas Unverständliches. Ein Joch benutzte in der Antike ein Bauer, um sein Vieh übers Feld zu führen und so das Feld umzugraben. Es war ein Geschirr, das es dem Bauer ermöglicht hat, zwei Tiere nebeneinander auf eine Art zu lenken, wie er sie haben wollte. Dieses legte man zwei Tieren auf den Nacken und ließ sie eine Last ziehen.
Manch ein Bibelausleger interpretiert die Stelle, dass es hier um eine Lebensregel geht. Jesus lädt seine Jünger/Schüler dazu ein, von ihm leben zu lernen. Als Kennzeichen dieses Lebens werden Sanftmut und Demut genannt. Sanftmut ist ein altdeutsches Wort, das heute kaum noch verwendet wird. Wenn man das Wort nachschaut, werden einem Worte wie Friedfertigkeit, Freundlichkeit oder ein „sanftes Wesen“ vorgeschlagen.
Diese Lebensregel ist eine Herausforderung, weil auch sie ein Joch darstellt. Wenn wir uns daran erinnern, dann ist ein Joch etwas das zwei ziehen. Jesus sagt über sein Joch, dass es leicht ist. Indem er sagt: „Lernt von mir.“, spricht er eine Einladung aus, mit ihm das eigene Joch zu tragen.
Hier liegt für uns eine Herausforderung, denn um das eine Joch zu tragen, muss man sich von dem anderen lösen. Jesu dürfte mit diesen Worten wahrscheinlich vor allem die engen religiösen Vorgaben im Blick, die die Menschen belasteten und für die er die religiösen Führungsgruppen seiner Zeit immer wieder kritisierte. Uns belasten solche religiösen Vorgaben nicht mehr, doch gibt es auch in unserer Zeit soziale und möglicherweise persönliche Schwierigkeiten, die uns belasten. Das können Konflikte in der Familie oder mit Freunden oder Kollegen sein. Um von der Einladung Jesu erquickt werden zu können, muss man lernen, sich von diesen Problemen zu lösen, die einem das Leben aufdrücken will. Das fällt keinem Menschen leicht und keiner schafft das perfekt, weil wir Menschen unser Leben nach eigenen Vorstellungen Leben wollen. Es ist vielmehr eine Einladung, ein Beginn einer Reise mit anderen Prioritäten begleitet von Gott zu leben.
Es grüßt Sie
Ihr Vikar Barocka