Angedacht - Ein Herz und eine Seele
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Sie stehen Arm in Arm und strahlen in die Kamera des Regionalfernsehens. Dabei wirken sie wie ein Herz und eine Seele. Und zeigen das auch vor der berühmten Stiftsruine in Bad Hersfeld in Osthessen.
Die neuen Freunde fürs Leben haben auch allen Grund, einander zu umarmen und zu lächeln. Der junge Mann Jonathan aus Bad Hersfeld hatte sich registrieren lassen und seine Stammzellen gespendet. Der ältere Mann Dominic, ein Minister der kanadischen Regierung, hat die Stammzellen bekommen. So konnte sein Leben gerettet werden. Einige Zeit später dann besuchen sich die beiden. Erst reist Jonathan nach Kanada, vor zwei Wochen etwa kommt Dominic mit seiner Frau nach Bad Hersfeld. Dort gibt es eine Stadtführung und „Schnitzel und Bier“. Der junge Mann, Student fürs Lehramt, stellt dem kanadischen Minister seine ganze Familie vor. Und der Minister hat sie dabei alle nach Kanada eingeladen.
Wir leben in einer Welt. Und retten einander das Leben, wenn möglich.
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Ein Herz und eine Seele – beinahe kann man das hier wörtlich nehmen. Im kanadischen Minister fließt jetzt deutsches Blut. So hat er es später dem deutschen Bundeskanzler gesagt, den er auch noch getroffen hat in Berlin, kurz vor der Heimreise. Und der junge Mann aus Hersfeld kann stolz sein auf sich. Er hat alles dazu getan, ein Leben zu retten. Es war nicht so schwer. Er hat sich registrieren lassen in einer Kartei, zu der alle dazu Berechtigten in der Welt Zugang haben. Und dann hat er sein Blut abgegeben.
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Menschen sind dazu da, einander zu beschützen, zu retten. Sie sollen sich nicht zerstören; nicht auslachen oder nicht ausgrenzen. Und schon gar nicht mit Gewalt übereinander herfallen. Menschen sollen einander Leben geben, statt es zu nehmen.
Liebe ist Leben geben. Wo immer es geht. Vermutlich geht es häufiger, als wir manchmal meinen. Als einmal ein paar Menschen bei Jesus waren und fragten, was das Wertvollste im Leben sei und das höchste Gebot, hat Jesus ihnen geantwortet (Markus 12,30.31): Dass du Gott liebst – und deinen Nächsten wie dich selbst. Ein herrlicher Satz. Und oft nicht so schwer.
Wir alle sind so bedürftig nach Liebe, nach Anerkennung. Gerade in den letzten drei Jahren haben Menschen die Erfahrung gemacht, wie wichtig die Achtung des Nächsten ist – und wie sehr wir einander brauchen in den Zeiten der Krise. Ein Segen ist dann, wenn jemand mir eine Sorge abnimmt; manchmal vielleicht nur eine. Dann strahlen wir womöglich beide mal kurz – wie ein Herz und eine Seele.
Es grüßt Sie /Euch ganz herzlich
Pfarrer Roger Frohmuth