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An(ge)dacht

Das Leben ist Geschenk(t)!

Liebe Leserin, lieber Leser,

Auch in diesem Jahr feiern wir wieder Erntedank. Und ich glaube, wir brauchen das Erntedankfest – vielleicht mehr denn je: Denn es erinnert uns daran, dass ein ganz großer Teil, von dem wir leben, Geschenk(t) ist. 

„Ach herrje, was hast du mir denn da Wertvolles mitgebracht? Ich hab für dich ja nur eine Kleinigkeit“. Beschenkt werden ist gar nicht so einfach. Wir Erwachsenen wiegen die Geschenke, die wir einander machen ja manchmal gegenseitig auf. „Das ist doch viel zu viel, ich habe dir doch auch nur eine Kleinigkeit geschenkt.“ Dabei vergessen wir ganz oft die Liebe und Fürsorge des Anderen auch bei uns ankommen zu lassen, im Herzen zu spüren. Das ist doch das Schöne. Je älter wir werden, desto mehr verändern sich die Geschenke, die eben nicht immer eine Schleife außerherum haben. Das eigene Leben als Geschenk zu sehen. Diese Welt von Gott wunderbar erschaffen. Die Liebe von anderen Menschen. Zu erleben, wie die eigenen Kinder und Enkel groß werden. Momente zu haben, wo keine Sorgen den Himmel verdunkeln. Mit 80 noch daheim leben zu können, obwohl der Rücken schon recht bucklig ist. Das sind die großen Geschenke.

Auch das Lukasevangelium berichtet uns von einem großen Geschenk, das Jesus macht, und vom Dank und Undank: Zehn Menschen begegnen Jesus. Alle zehn sind schwer krank und bitten Jesus, dass er sie gesundmachen soll. Er tut das. Alle gehen glücklich nach Hause und leben wieder ihr Leben. Nur einer dreht sich noch einmal um, geht zu Jesus zurück und sagt: „Danke!“ (Lukas 17,11-19)

Ja, die Geschichte scheint unglaublich. Zehn schwer kranke Menschen werden von Jesus geheilt. Aber nur ein einziger hält es für nötig, sich dafür zu bedanken. Sie hätten allen Grund gehabt zu danken, denn Aussatz zu haben bedeutete ausgegrenzt zu sein. Menschen mit dieser Krankheit durften nicht am Gemeinschaftsleben teilhaben und weder arbeiten noch einkaufen. Die Kranken litten also nicht nur unter ihren Schmerzen, sondern auch unter größter sozialer Isolation, Einsamkeit und Armut. Die Begegnung mit Jesus schenkte ihnen eine neue Hoffnung, ein neues Leben. Aber nur einer kommt zurück, um Jesus zu danken. 

Wir hätten ganz sicher „Danke“ gesagt oder? Wir beschweren uns ja auch sofort, wenn etwas nicht klappt. Könnten wir uns dann nicht auch sofort auch tiefstem Herzen bedanken? Es sollte allerdings auch ein ehrliches „Danke“ sein! Bedanke ich mich dafür, wenn mir jemand die Tür aufhält? Hört mein Freund ein „Danke“, wenn ich ihn mit meinen Problemen nerve? Sind wir dem Kirchenvorstand dankbar, der unser Gemeindeleben so vielfältig gestalten will und immer wieder plant und denkt und anpackt? Wenn ich weiter so darüber nachdenke, dann fallen mir viele Dinge ein, die ich ganz selbstverständlich hinnehme. Sonnenschein und Regen, Äpfel und Getreide, Schokolade und die Gesundheit. Meine Lieblingsmenschen.

Ja, das ganze Leben, es ist ein Geschenk. Die Dankbarkeit aber hat es oft nicht leicht. Sie lässt sich nicht machen und schon gar nicht erzwingen. Die Dankbarkeit hat es schwer, weil sie voraussetzt, dass wir uns nicht uns selbst verdanken, sondern unser Leben ein Geschenk ist. Das Beste im Leben ist, dass Gott sich uns geschenkt hat. Geschenkt. Einfach so. In Jesus Christus. In vielfältigen Beziehungen. 

Ja, das Beste im Leben bekommst du geschenkt! Wer sich darauf einlässt, für den ändert sich etwas. Der kann dankbar werden aus tiefstem Herzen heraus. Die Bereitschaft, zu schenken – und die Bereitschaft beschenkt zu werden ist keine Frage des Wohlstands – sondern des Herzens. Dankbarkeit macht großzügig. Ganz oft habe ich es schon erlebt: Die, die am wenigsten hatten, haben am meisten gegeben. Wer dankbar ist, kann etwas abgeben, kann teilen – aus der Fülle und manchmal eben sogar aus dem Mangel.

Mir tut es gut, dass es das Erntedankfest gibt. Dass ich wieder daran erinnert werde: „Alle gute Gabe kommt her von Gott, dem Herrn, drum dankt ihm, dankt, drum dankt ihm, dankt und hofft auf ihn.“ 

Denn das Beste im Leben bekommen wir geschenkt. Und von diesem Geschenk können wir sogar noch teilen – ohne dabei arm zu werden.

Darum feiern wir auch in diesem Jahr wieder Erntedank – Gott sei Dank.

Viele dankbare Momente wünscht

Ihr/Dein Marcel Albert, Pfarrer in Birkenau


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