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Fragen an Prädikantin Ellen Koch

Warum ich Prädikantin wurde ...

Ein Morgen im September/Oktober 2020. Als ich vor dem Bäcker anstehe, um Brötchen zu holen, spricht mich Herr Pfarrer Borck an, ob ich nicht einen Beitrag fürs „Kirchenfenster“ schreiben wolle. Thema sollte sein, warum ich Prädikantin geworden bin. Ich stimme zu und bin als Nächstes beim Bäcker dran.

Pfarrer Borck schickte mir wenige Tage später - wohl auch als Erinnerung - einige Fragen per E-Mail. Die Fragen dienen mir nun als Wegweiser durch meine Geschichte:

Die wichtigste Frage dürfte die erste sein, ohne die die anderen Fragen unbeantwortet geblieben wären.

 

Was hat mich dazu bewogen, Prädikantin zu werden?

Es waren meine persönlichen Lehr- und Wanderjahre. Im Jahre 1998 habe ich nach dem Studium an der PH in Heidelberg mein Erstes Staatsexamen abgelegt. Meine Fächer waren Deutsch und Evangelische Religion für das Lehramt an der Grund- und Hauptschule. Danach habe ich vorübergehend im Diakonischen Werk gearbeitet. Dort war ich für die Erholungshilfe zuständig. Entscheidend für meinen Wunsch, Prädikantin zu werden, war eine Romreise. Mein Mann und ich fuhren mit dem Bus und vielen lieben Mitreisenden über Ostern 1999 nach Rom. Unser Reiseführer, ein fabelhafter Kenner der wunderbaren Stadt, zeigte uns Rom in einer ganz besonderen Weise. Wir konnten viele Spuren des Glaubens entdecken und aufnehmen. Begonnen haben wir den Tag immer mit einer Andacht. Das hat mich sehr beeindruckt, denn die Worte, Gebete und Lieder haben uns perfekt auf den Tag eingestimmt. Da wurde der Wunsch in mir geweckt, das auch zu können und es an Mitmenschen weiterzugeben. Es sollte noch ein Jahr vergehen.

Im Jahr 2000 war es dann soweit. Meine Freundin Annemarie Gutjahr, die auch mit auf der Romreise war, und ich meldeten uns beim Prädikantenkurs an. In diesem Jahr sollte sich auch beruflich noch einiges bei mir ändern. Ich begann eine Stelle in der Grundschule Beerfelden und übernahm eine erste Klasse zu Schuljahresbeginn. Das waren rückblickend zwei aufregende Jahre, zumal ich mich in der Mitte des Lebens befand. Meine wunderbare Familie war stets an meiner Seite und hat mich unterstützt, wo es ging. Dafür bin ich sehr dankbar.

 

Wie war meine Ausbildung damals?

Die Ausbildung dauerte etwas mehr als ein Jahr. Sie fing im Jahr 2000 an und endete mit einem Einführungsgottesdienst im Jahr 2001. Unsere Lehrpfarrer waren Claus-Eckart Fricke (Pfarrer i. R.) und Klaus Schimmel (Pfarrer und Dekan i. R.). Mein Mentor war Dekan Stephan Arras. In der Ausbildung lernten wir aus den Bereichen Bibelkunde, Glaubenslehre, Konzeption und Aufbau einer Predigt und über den Aufbau der Liturgie. Wir durften uns ausprobieren und hielten kleine Andachten und verfassten Predigten. Unsere Gruppe war überschaubar und so konnten wir auch viel voneinander lernen und uns austauschen.

 

Was habe ich in den Jahren, in denen ich das mache, gelernt?

Die Arbeit mit den Bibeltexten war immer sehr spannend. Wie verstehe ich sie? Was kann ich heute mit ihnen anfangen? Was bringen sie für mein Leben? Was bedeuten die Texte für die Gottesdienstbesucher? Ich war oft voller Zweifel, ob meine Gedanken für den Zuhörer verständlich waren. Deshalb war es und ist es mir immer wieder wichtig, dass ich von vielen Gottesdienstbesuchern eine direkte Rückmeldung erhalten habe. Das war einfach wunderbar. Der Austausch mit den Menschen hat mir immer sehr viel bedeutet.  Auch habe ich gelernt, mich mit Bibeltexten auseinanderzusetzen und sie in meiner aktuellen Lebensphase zu verstehen und weiterzugeben.

 

Was will ich rüberbringen?

Ich will das, was ich aus der Bibel lerne, weitergeben. Aber ich will auch Menschen verstehen und respektieren, die nach Gott suchen. Zu meinem Gott habe ich Vertrauen und er gibt mir Zuversicht und Hoffnung, auch wenn nicht immer alles glatt läuft. Nächstenliebe ist für mich ein großes Thema. Aber auch da stoße ich manchmal an Grenzen. Deshalb kenne ich auch die Schwierigkeiten. Dennoch will ich ständig daran arbeiten, achtsam miteinander umzugehen. Das ist meine Botschaft.

 

Was hat mich persönlich reicher gemacht?

Neben meinem Beruf als Lehrerin und Schulleiterin war es nicht immer einfach, die Zeit für die Gottesdienstvorbereitungen zu finden. Aber ich habe meinen Dienst jedes Mal mit großer Freude und Dankbarkeit getan. Die Nähe zu meiner Kirchengemeinde und den Pfarrern, der Pfarrerin hat mich reicher gemacht. Und ich bin froh und glücklich den lieben Gott als direkten Nachbarn zu haben. So bin ich mit allem verbunden, was mir wichtig ist.

 

Wie unterscheidet sich mein Dienst von dem eines Pfarrers, einer Pfarrerin?

Bereits während der Ausbildung hat man uns immer gesagt, dass wir kein Ersatz oder „nur“ eine Vertretung der Pfarrer sind. Praedicare heißt predigen, ausrufen, verkünden, loben, preisen. Prädikanten sind Laienprediger, „die aufgrund ihrer persönlichen Geschichte und ihrer Verankerung im Berufsleben Erfahrungen in die Verkündigung einbringen, die Pfarrern nicht zur Verfügung stehen, weil deren Werdegang und Alltag ein weitgehend anderer ist“ (lt. Wikipedia). Ich verstehe mich als eine Ergänzung der Verkündigung als Gesamtbild und als Unterstützung der Kirchengemeinden. Mit Augenzwinkern kann man es als Hobbyköchin auch noch so sagen: „Die Prädikanten sind wie die Butterflöckchen auf dem Kartoffelgratin, etwas Harissa in der Soße oder ein Tropfen Ahornsirup im Nachtisch.“

Ihre/Eure Ellen Koch


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