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Frau Musica spricht und alle verstehen

"Frau Musica spricht": Diese Worte stellte Martin Luther oft seinen von ihm geschriebenen Liedern voran. Bekanntlich hielt Luther die Musik sehr hoch, sah sie als eine eigene, neben dem Wort gleichberechtigte Form der christlichen Verkündigung an; so charaktervoll, dass er sie gar als Frau Musica personifizierte. Was hätte der Reformator wohl zu Iris Thierolfs Rock-Musical mit seinem eigenen Namen gesagt?

Jenem musikalischen Großereignis, das nun in der vollbesetzten evangelischen Martinskirche in Beerfelden aufgeführt wurde? Nun gut, Luther war die Rockmusik noch nicht vertraut; gewiss aber hätten ihn der Klang, die Texte und das Opulente, Feierliche der Inszenierung ebenso in den Bann gezogen wie die mehreren Hundert Zuhörer, die Iris Thierolf, den Chören und Musikern durch alle wichtigen Stationen im Leben und Wirken des Reformators folgten.

Nach einem musikalischen Überblick über Kirchenerneuerer bereits vor Luther folgen Martins Kindheit und das lebenswendende Erlebnis im Gewitter bei Stotternheim, aus dem der Entschluss resultiert, das Jurastudium abzubrechen und Mönch zu werden. Luther entdeckt im Römerbrief, dass der Mensch allein aus dem Glauben vor Gott gerechtfertigt wird, wendet sich gegen den Ablasshandel, muss sich vor dem Kaiser verantworten, wird auf die Wartburg entführt, übersetzt die Bibel, ... All das hat Iris Thierolf in Texte und Noten gefasst, wechselt Tempo, Lautstärke, Intensität - und nimmt das Publikum dabei scheinbar ganz leicht mit.

Aber eben nur scheinbar: Man erahnt, welch intensive Arbeit hinter all dem steckt. Da ist mit Liebe zum Detail die Szenerie ausgeschmückt, agieren die handelnden Figuren, nicht nur vorne, sondern sie beziehen den Kirchenraum, sogar das Publikum mit ein. Allemal stimmlich, zugleich aber auch als Schauspieler sind die Akteure gefordert, allen voran Kenny Bundschuh in der Hauptrolle. Scheinwerfer untermalen stimmungsvoll das Geschehen. Und alle wirken wie bei den vorangegangenen fünf Thierolf-Musicals zusammen zum großen Ganzen: Chöre, Solisten und die Kurpfalzphilharmonie unter Leitung von Arne Müller mit Gastmusikern.

Und Iris Thierolf: hält das alles im wahrsten Wortsinn seit der ersten notierten Note in den Händen.

Eingestimmt hatte Pfarrer Roland Bahre die Gäste des beeindruckenden Musiktheaterabends indes mit einer traurigen Nachricht: Patronatsherr Raimund Graf zu Erbach-Fürstenau war eine knappe Woche zuvor einer kurzen schweren Krankheit erlegen, und so wurde seiner gedacht.

Bernhard Bergmann


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